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Änderung des Arbeitszeitgesetzes
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2019 und der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur verpflichtenden Erfassung von Arbeitszeiten durch elektronische Systeme hat der deutsche Gesetzgeber reagiert. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Referentenentwurf für eine Neufassung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt, der die genannten Urteile in konkrete gesetzliche Vorgaben umsetzt. Die Verabschiedung des neuen Gesetzes wird im Herbst erwartet.
Geltungsbereich
Alle abhängig Beschäftigten müssen ihre Arbeitszeiten erfassen, mit Ausnahme von leitenden Angestellten.
Pflichten
Die Arbeitszeiten können vom Arbeitgeber oder den Beschäftigten selbst erfasst werden. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, ein geeignetes und funktionierendes System zur Zeiterfassung bereitzustellen. Zudem muss er regelmäßig überprüfen, ob die Arbeitszeiten der Beschäftigten korrekt und vollständig erfasst wurden.
Datenerfassung
Beginn und Ende der Arbeitszeiten sowie Pausen und Überstunden müssen am selben Tag mit einem objektiven, zuverlässigen und jederzeit zugänglichen elektronischen System erfasst werden. Die Verwendung von Papier zur Erfassung wird nur noch in streng geregelten Ausnahmefällen zulässig sein.
Vertrauensarbeitszeit
Die weit verbreitete Vertrauensarbeitszeit bleibt bestehen. Beschäftigte mit Vertrauensarbeitszeit können weiterhin ihre Einsatzzeiten frei gestalten, solange sie die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes einhalten. Der Arbeitgeber muss dies wie bisher überprüfen. Allerdings müssen die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten im Gegensatz zur bisherigen Regelung vollständig dokumentieren.
Bedeutung der Zeiterfassungssysteme
Ein System zur Erfassung der Arbeitszeiten wird als geeignet angesehen, wenn es in der Lage ist, alle Arbeitszeiten arbeitstäglich digital zu erfassen und zu speichern. Dabei müssen die Regeln des Datenschutzes, insbesondere der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), zuverlässig eingehalten werden. Zu den digitalen Systemen gehören auch elektronische Tabellenlösungen wie Excel.
Rolle des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der praktischen Ausgestaltung der Zeiterfassung, jedoch darf er weder über die grundsätzliche Entscheidung zur Einführung eines Zeitwirtschaftssystems entscheiden noch diese beeinflussen.
Übergangsfristen
Gemäß einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts im September 2022 und der Einschätzung des Gesetzgebers besteht bereits jetzt eine Pflicht zur Erfassung aller Arbeitszeiten mit geeigneten digitalen Systemen. Im Referentenentwurf sind jedoch gestaffelte Übergangsfristen abhängig von der Unternehmensgröße vorgesehen. Große Betriebe ab 250 Beschäftigten haben ein Jahr Zeit, kleinere Betriebe mit 50 bis 250 Beschäftigten zwei Jahre, während Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern sogar fünf Jahre Zeit haben. Kleinbetriebe mit bis zu 10 Beschäftigten dürfen die Arbeitszeiten sogar dauerhaft weiterhin auf Papier erfassen.
Bußgelder
Verstöße gegen die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung können zukünftig als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wobei theoretisch Bußgelder bis zu 30.000 Euro drohen können.
Aufgaben für HR
Die Personalexperten müssen die Entwicklung des Gesetzesverlaufs verfolgen, da es noch zu Änderungen kommen kann, bevor es verabschiedet wird. Dennoch wird die grundsätzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung voraussichtlich bestehen bleiben. Daher müssen die Personalabteilungen sicherstellen, dass alle Arbeitszeiten von geeigneten elektronischen Systemen erfasst werden können und tatsächlich korrekt erfasst werden. Es ist wichtig, die Beschäftigten, Betriebsräte und Geschäftsführungen entsprechend zu informieren und zu sensibilisieren.