„Es kommt vieles auf uns zu!“

Sina Schmidt

Sina Schmidt ist Steuerberaterin und gleichzeitig Payroll-Expertin. Diese seltene Kompetenz-Kombination macht sie für viele Menschen zu einer wertvollen Ansprechpartnerin. Wir haben mit ihr über aktuelle gesetzliche Entwicklungen im Bereich der Lohnsteuer gesprochen – und über Schwerpunkte bei der Lohnsteueraußenprüfung.

 

Liebe Sina, zunächst eine sehr aktuelle Frage: Das Wachstumschancengesetz sorgt ja weiter für Furore und ist nun im Vermittlungsausschuss gelandet. Was bedeutet das für die einkommensteuerlichen Maßnahmen mit Wirkung auf die Entgeltabrechnung?

In diesem Jahr ist mit einer Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes nicht mehr zu rechnen. Somit werden sich die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss bis in das nächste Jahr ziehen. Je nachdem wie die Diskussion um den Haushalt 2024 sich entwickelt, kann die Verabschiedung erst im 1. Quartal 2024 erfolgen. So lange gibt es keine Anpassungen für die Entgeltabrechnungen.

Es ist zu erwarten, dass viele Themen bereits rückwirkend ab Januar 2024 gelten werden, so dass nach Verabschiedung und Umsetzung in den Abrechnungsprogrammen, die Entgeltabrechner und Entgeltabrechnerinnen Korrekturabrechnungen für die ersten Monate des Jahres erstellen dürfen. Also vermutlich wird dort viel Aufwand auf alle zukommen.

 

Ein Schwerpunkt Deiner Tätigkeit ist das Thema Lohnsteueraußenprüfungen. Welche Schwerpunkte beobachtest Du hier aktuell? Worauf sollten Unternehmen im Vorfeld einer solchen Prüfung besonders achten?

Ein Dauerbrenner in jeder Lohnsteuerprüfung ist die Besteuerung von Firmenwagen. Hierbei geht es um den Bruttolistenpreis, die Entfernungskilometer oder den Wechselzeitpunkt. Auf Grund von unterschiedlichen oder fehlenden Bescheinigungen der Autohäuser über den Bruttolistenpreis ist hier eine große Fehleranfälligkeit gegeben. Sonderausstattung, Nettolistenpreise oder falsche Übergabezeitpunkte: Das sind nur ein paar Beispiele mit Blick auf die Firmenwagenbesteuerung, bei denen gerne etwas schief geht.

Ein großer Fokus liegt auch auf Betriebsveranstaltungen und Geschenken. Dadurch, dass die Lohnsteueraußenprüfer auch die kompletten Buchhaltungsdaten erhalten, werden diese beiden Punkte schnell herausgefiltert und geprüft, ob Pauschalversteuerungen für Geschenke und Betriebsveranstaltungen vorgenommen worden sind.

Für uns ist es immer wichtig, dass wir eine Gesprächsgrundlage haben. Das bedeutet im Falle der Pauschalversteuerung, es kommt nicht auf das letzte Stück Schokolade oder den einen Blumenstrauß an, sondern darauf, dass mit der Lohnsteueranmeldung für Februar etwas übermittelt ist und die großen Geschenke und Veranstaltungen gemeldet sind. Ebenso ist es wichtig, unsere Mandanten auf diese Themen vorzubereiten und uns einzubeziehen, denn nur so können wir gut vorbereiten, richtig abrechnen und es fallen keine Sachverhalte in den Prüfungen auf.

 

Benefits spielen bei einer wachsenden Anzahl von Unternehmen eine große Rolle, sind aber auch für die Lohnsteuerprüfer interessant. Welche Vorgehensweise empfiehlst Du bei der Einführung von Benefits?

Zunächst sollte überlegt werden, welche Benefits passen zu meinem Betrieb. Ein Unternehmen, welches mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen ist, sollte keine Fahrkarten dafür anbieten, sondern eher einen Fahrtkostenzuschuss. Es müssen auch nicht alle Benefits angeboten werden, die möglich sind. Das bedeutet häufig auch viel Verwaltungsaufwand bei den zuständigen Mitarbeitern. Lieber auf 3 oder 4 Benefits konzentrieren und diese so auswählen, dass Sie zum Unternehmen passen.

Wenn klar ist, welche Benefits eingeführt werden sollen, sollte vorab beim zuständigen Betriebstätten-Finanzamt eine Lohnsteueranrufungsauskunft gestellt werden. Hierbei wird erläutert, welche Benefits genutzt werden sollen und wie die Versteuerung vom Arbeitgeber durchgeführt wird, beispielsweise durch eine Gehaltsumwandlung oder eine Pauschalversteuerung durch den Arbeitgeber.

Es gibt dann vom Finanzamt eine Rückmeldung, die dem Vorgehen zustimmt oder ggf. noch Nachfragen stellt. Erst dann darf man in die Umsetzung gehen, da ansonsten ein Lohnsteuerprüfer nicht an die Lohnsteueranrufungsauskunft gebunden ist.

Ganz wichtig ist es zudem, die Mitarbeiter gut und ausführlich zu informieren. Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind unsicher und wissen nicht, ob am Ende des Monats weniger Gehalt auf dem Konto landet. Probeabrechnungen oder Kalkulationen helfen hier, um die Unsicherheit zu nehmen.

 

Immer mehr Menschen arbeiten im Homeoffice, bei Wohnsitz im Ausland dann dort. Worauf ist diesbezüglich mit Blick auf die Lohnsteuer zu achten?

Ist der Sitz des Arbeitgebers und der Sitz des Homeoffice jeweils in Deutschland, gibt es keine lohnsteuerlichen Besonderheiten. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin sollte aber auf jeden Fall prüfen, ob und in welcher Höhe ggf. ein häusliches Arbeitszimmer in der privaten Einkommensteuer abzusetzen ist. Die Homeofficepauschale ist eine Möglichkeit, ohne viel Aufwand einen Teil des Homeoffice abzusetzen, aber das häusliche Arbeitszimmer bietet doch immer etwas mehr Spielraum. Wenn man jedoch erstmalig ein häusliches Arbeitszimmer ansetzt, sollte man sich schon auf Rückfragen seitens des Finanzamtes einstellen.

Hat der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland und der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin arbeitet im Homeoffice im Ausland, gibt es lohnsteuerlich schon einiges zu beachten. Wenn sowohl im Homeoffice als auch im Betrieb gearbeitet wird, muss der Arbeitslohn entsprechend der Tage aufgeteilt werden.

Eine Ausnahme hierfür gibt es bisher nur mit Luxemburg, wenn dort im Homeoffice gearbeitet wird. Im Doppelbesteuerungsabkommen soll es ab 2024 eine Entlastung geben, dass bei weniger als 34 Tagen im Homeoffice die Tätigkeit insgesamt in Deutschland besteuert wird und keine Aufteilung des Arbeitslohns erfolgen muss. Die Corona-Übergangsregelungen für andere Staaten, wie bspw. Niederlande, Frankreich und die Schweiz) sind seit einiger Zeit ausgelaufen, so dass hier immer noch bei tageweiser Arbeit im Homeoffice der Arbeitslohn aufgeteilt werden müsste.

Es wird hier jedoch erwartet, dass weitere Doppelbesteuerungsabkommen diese Regelungen übernehmen, so dass Deutschland für die Homeofficetage das Besteuerungsrecht wahrnehmen kann. 

 

Liebe Sina, ich danke Dir für dieses Gespräch!

Interview:
Markus Matt,
Journalist und HR-Experte