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Das deutsche Rentensystem basiert maßgeblich auf der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung, daneben gibt es bekanntermaßen noch die Säulen der betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Die Finanzierung der gesetzlichen Rente gerät nicht zuletzt wegen des demografischen Wandels zunehmend ins Wanken. In Reaktion darauf hat die Bundesregierung nun das „Rentenpaket II“ verabschiedet, das dieser unheilvollen Entwicklung entgegenwirken soll. Doch ist das wirklich so? Und was können Personalabteilungen tun?
Das bisherige Rentensystem steht unter dem Druck des demografischen Wandels und finanzieller Belastungen. In Deutschland wird die Bevölkerung immer älter, während die Geburtenrate niedrig bleibt. In der Folge müssen immer weniger Beitragszahler für immer mehr Rentner aufkommen. Während 1962 noch sechs Beitragszahler auf einen Rentner kamen, ist das Verhältnis heute bei etwa zwei zu eins. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung und Renten müssen über entsprechend längere Zeiträume ausgezahlt werden. Ohne Reformen dürfte dieses Ungleichgewicht zu einer Überlastung der Rentenkasse führen.
Die erste Reform war das Rentenpaket I. Es beinhaltete unter anderem eine Erhöhung der Erwerbsminderungsrente und führte den Nachholfaktor wieder ein, um Rentenkürzungen aufgrund von Lohnausfällen in der Corona-Pandemie in den kommenden Jahren auszugleichen. 2022 wurden die Renten um mehr als 5 Prozent erhöht.
Warum ein Rentenpaket II?
Das Rentenpaket II ist notwendig, denn dem System fehlen dringend notwendige strukturelle Reformen. Zudem steht in den kommenden Jahren die Verrentung der geburtenstärksten Jahrgänge der Nachkriegszeit an, die Generation der Babyboomer wird von aktiven Beitragszahlern zu Leistungsempfängern aus dem Topf der gesetzlichen Rentenkasse.
Rentenpaket II – die Maßnahmen
Das Rentenpaket II wurde am 27. September 2024 erstmals im Bundestag beraten. Es zielt darauf ab, das Rentenniveau langfristig zu stabilisieren und das Rentensystem an die demografischen Herausforderungen anzupassen.
Hierbei sind unter anderem diese Maßnahmen geplant:
- Verlängerung der Haltelinie des Rentenniveaus: Das Rentenniveau soll bis 2039 bei 48 Prozent festgeschrieben werden. Das Verhältnis zwischen einer Standardrente und dem durchschnittlichen Einkommen soll damit weiterhin stabil bleiben, um das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung zu sichern. Ohne diese Maßnahme könnte das Rentenniveau ab 2027 unter 45 Prozent sinken.
- Einführung des Generationenkapitals: Eine Stiftung soll ab 2036 jährlich 10 Milliarden Euro aus Kapitalerträgen an die Rentenkasse beisteuern. Der Bund wird dafür Gelder am Kapitalmarkt investieren, um den Beitragssatz zu entlasten – es handelt sich also um eine „Aktienrente“.
- Erhöhung der Nachhaltigkeitsrücklage: Die Untergrenze der Rücklage der Rentenversicherung wird von 0,2 auf 0,3 Monatsausgaben erhöht, um Liquiditätsrisiken zu verringern und kurzfristige Schwankungen besser abzufangen.
- Steigende Beitragssätze: Zur dauerhaften Finanzierung des geplanten Rentenniveaus soll der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung bis 2035 auf 22,3 Prozent steigen.
Kritik am Rentenpaket II
Die geplanten Maßnahmen wurden von verschiedenen Seiten kritisiert:
- Unzureichendes Rentenniveau: Sozialverbände und weitere Experten kritisieren, dass das festgeschriebene Rentenniveau von 48 Prozent nicht ausreicht, um Altersarmut zu verhindern.
- Risiken des Generationenkapitals: Kritiker warnen, das Generationenkapital werde zu spät und in zu kleinem Umfang eingeführt, um eine nennenswerte Entlastung des Rentensystems zu bringen. Die Erträge aus den Kapitalmarktgeschäften seien unsicher und könnten aufgrund der kurzen Zeitspanne schwer kalkulierbar und risikoreich sein.
- Übermäßige Belastung der jungen Generation: Andere Interessenvertreter bemängeln, das Rentenpaket II stelle eine erhebliche Belastung für die junge Generation dar und bürde ihnen eine unverhältnismäßig große Last auf, zum Beispiel durch die steigenden Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung.
- Fehlende Bausteine zur Beitragssenkung: Kritischen Stimmen zufolge versäumt es die Reform, zusätzliche Maßnahmen zur Entlastung des Beitragssatzes einzuführen. Vorschläge wie die Einbeziehung von Selbstständigen in die Rentenversicherung, eine Reform der „Rente mit 63“ oder weniger Verbeamtungen wurden nicht aufgegriffen.
Was kann HR tun?
Personalabteilungen können verschiedene konkrete Maßnahmen ergreifen, um ihre Beschäftigten angesichts der Herausforderungen des Rentensystems bestmöglich zu unterstützen. Dazu gehört die verstärkte Förderung der betrieblichen Altersvorsorge durch gezielte Anreize, wie zum Beispiel zusätzliche Arbeitgeberzuschüsse oder Aufklärungskampagnen zur Bedeutung einer privaten Vorsorge.
Unternehmen können zudem flexible Arbeitszeitmodelle einführen, um älteren Mitarbeitern den gleitenden Übergang in den Ruhestand zu erleichtern und deren Fachwissen länger im Betrieb zu nutzen. Darüber hinaus sollten gezielte Weiterbildungsprogramme für alle Altersgruppen angeboten werden, um die Beschäftigungsfähigkeit und damit auch die Rentenansprüche der Mitarbeiter zu sichern.
Ein betriebliches Gesundheitsmanagement könnte ebenfalls helfen, die Arbeitskraft der Belegschaft bis zum Renteneintritt zu erhalten und zu fördern. Schließlich sollten Unternehmen die Beratung zur Altersvorsorge und individuellen Rentenplanung stärker in ihre HR-Angebote integrieren, um den Mitarbeitern dabei zu helfen, die für sie besten Optionen zu wählen.