Leinen los für die eAU

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Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Ab dem 1. Januar 2022 müssen gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer keinen Durchschlag ihres Krankenscheins mehr an die Krankenkasse schicken. Dies wird künftig von den Arztpraxen übernommen. Diese senden die Krankmeldungen in digitaler Form an die Kassen. Erkrankte Beschäftigte müssen allerdings noch bis 30. Juni 2022 ihren „gelben Schein“ an den Arbeitgeber weiterleiten.

Ab dem 1. Juli 2022 müssen sich auch alle Arbeitgeber in Deutschland ebenfalls an diesem Verfahren beteiligen und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen betroffener Mitarbeiter auf elektronischem Weg abrufen. Somit entfällt zu diesem Datum für erkrankte Beschäftigte die gesetzliche Verpflichtung, dem Arbeitgeber ihre Krankmeldung vorzulegen.

Das hört sich alles ganz einfach an und man sollte vermuten, die Einführung elektronischer Prozesse böten für alle Beteiligten nur Vorteile. Doch dürfte die Realität zumindest in den Betrieben deutlich komplizierter sein, als es den Anschein hat. Ein wichtiger Grund dafür sind umfangreiche Ausnahmen, denn beileibe nicht alle Krankenmeldungen werden tatsächlich digital.

Nicht alles wird neu

Die Einführung der „eAU“ ist im Kern lediglich eine Veränderung der Übermittlungswege von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die im Entgeltfortzahlungsgesetz verankerten Regelungen bleiben weitgehend bestehen. So müssen arbeitsunfähige Beschäftigte auch in Zukunft dem Arbeitgeber ihre Erkrankung anzeigen. Allerdings sind gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer ab dem 1. Juli nicht mehr verpflichtet, dem Arbeitgeber gegenüber ihren angezeigten Krankenstand durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen. Diese Aufgabe übernimmt das eAU-Verfahren, die jeweils zuständige gesetzliche Krankenlasse übermittelt dem Arbeitgeber die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU).

Ausnahmen

Grundsätzlich ist das eAU-Verfahren bindend für alle gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer. Es gibt jedoch Konstellationen, die auch in Zukunft über das herkömmliche Papierverfahren abgewickelt werden müssen. Ist beispielsweise ein Kind erkrankt, so erfolgt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weiterhin auf Papier, ebenso wie bei der Krankschreibung durch einen Arzt außerhalb Deutschlands. Ebenfalls nicht einbezogen werden Krankennachweise von Privatärzten, aus Reha-Einrichtungen oder wegen einer Mutter-Kind-Kur. Da zudem die privaten Krankenkassen nicht am eAU-Verfahren teilnehmen, sind sämtliche privat krankenversicherten Arbeitnehmer ebenfalls ausgeschlossen.

Für die praktische Personalarbeit in den Unternehmen bedeutet dies viel Aufwand, denn es müssen neben der Einrichtung von eAU-Workflows auch für die vielen Ausnahmefälle analoge Abläufe etabliert werden. Erleichterung sieht anders aus.

Probleme

Ab 1. Juli 2022 werden zumindest die meisten Krankmeldungen nur noch auf elektronischem Weg zu den Arbeitgebern kommen – und dies nicht mehr von den erkrankten Beschäftigten, sondern von den zuständigen Krankenkassen. Allerdings wird keine eAU automatisch an den Arbeitgeber gesendet. Dieser muss grundsätzlich zunächst vom Arbeitnehmer selbst erfahren, dass dieser krank ist und wie lange die Krankheit voraussichtlich dauert. Erst danach darf er die eAU des betreffenden Beschäftigten bei der jeweiligen Kasse anfragen. Verabsäumt der Arbeitnehmer die Information an den Arbeitgeber, so kann er keine eAU abrufen – der gesamte Prozess gerät ins Stocken. Weiterhin kann es sein, dass der Arbeitgeber zwar rechtzeitig von seinem Beschäftigten informiert wird und die eAU abruft, diese aber trotzdem nicht erhält, weil die Arztpraxis die Meldung der eAU an die Krankenkasse noch nicht durchgeführt hat. In diesem Falle muss er den Abruf später wiederholen.

Es gibt ferner bestimmte Störfälle, welche die Übertragung der eAU-Daten an die Krankenkasse verhindern. Dies können Übertragungsfehler, der Ausfall des Internets beim Arzt oder eine fehlerhafte Signatur des Arztes sein. In einigen Fällen hat der Patient zudem seine Gesundheitskarte nicht dabei, was eine Meldung ebenfalls verhindert. Lässt sich eine solche Situation nicht lösen, muss sich der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer wenden und diesen veranlassen, in der Arztpraxis eine Ersatzbescheinigung auf Papier zu erhalten.

Fazit

Das eAU-Verfahren bietet auf lange Sicht Chancen auf eine Prozessvereinfachung für HR. Bis es so weit ist, müssen allerdings noch einige Hürden genommen werden insbesondere hinsichtlich der zahlreichen Ausnahmen. Ein digitaler Prozess löst nur dann einen analogen in sinnvoller Weise ab, wenn alle Abläufe tatsächlich elektronisch sind.

Den Personalabteilungen in den Unternehmen ist eine Anpassung der Prozesse mit Blick auf Arbeitsunfähigkeit zu empfehlen. Im Kern steht unter anderem die Frage, auf welchem zuverlässigen und einfachen Weg die Zeiterfassungssysteme des Betriebes, die Personaleinsatzplanung und die Entgeltabrechnung die relevanten Daten erhält. Außerdem sollte der nun leider notwendige Parallelprozess für die eAU-Ausschlussfälle möglichst schlank und papierarm gestaltet werden.